von M. Metzler
Die Oberstufenschüler der Kurse skek GK 13 und EK LK 12 an der IGS Gerhard Ertl verfolgten am 04.11.2020 mittels modernster Technik die Folgen des Klimawandels in Live-Bildern aus dem Weltall. Holger Voigt von Geoscopia Umweltbildung konnte in seinem anschaulichen interaktiven Vortrag mithilfe eines vom Klassenraum angepeilten Satelliten über Ursachen und Folgen des Klimawandels aufklären.
Alltäglich war es für die Schülerinnen und Schüler nicht, aus der Weltraumperspektive auf die Erde "herabzublicken". Was sie anhand von Karten und Statistiken aus dem Unterricht kannten, wurde auf aktuellen Satellitenbildern sichtbar: die Folgen menschliches Handelns für unseren Planeten. Vergleicht man Momentaufnahmen von heute mit Archivbildern, werden die Veränderungen auf der Erdoberfläche sehr deutlich. Schmelzende Gletscher, gerodete Regenwälder, Wirbelstürme, Dürren und Überschwemmungen rückten so fast spürbar nah ins Klassenzimmer.
Gemeinsam mit den interessierten Schülerinnen und Schülern wurden beispielsweise Temperaturverteilungen in Echtzeit betrachtet. Durch den Satelliten ließen sich aber auch Waldbrände wie in der Region des Titicacasees sichtbar machen. Die Brandrodung der Regenwälder ist ein akutes und wachsendes Problem, was vor allem auf den Sojaanbau zurückzuführen ist und damit mit dem Konsum unserer Gesellschaft zusammenhängt. Auch die Folgen werden wir in Deutschland spüren. Dabei klärte Herr Voigt ebenso über weniger bekannte Zusammenhänge auf: Der Schutz der Regenwälder ist beispielsweise für Pharmaunternehmen von großer Bedeutung, da diese bei der Entwicklung von Grundstoffen für Medikamente auf die Artenvielfalt in den Wäldern angewiesen sind.
Und die Austrocknung eines Sees wie des Tschadsees im Grenzgebiet der Länder Tschad, Niger, Nigeria und Kamerun, die im Laufe der Jahrzehnte dargestellt werden konnte, zieht auch menschliches Elend nach sich und führt zu Flucht und Migration – denn gerade in Entwicklungsländern sind die Gewässer für die Menschen Lebensgrundlage. Und so führen der Raubbau an der Natur und die Folgen rücksichtslosen Umgangs mit ihr dazu, dass sich immer mehr Menschen versuchen gegen die Verursacher zu wehren. Aufgrund der Gletscherschmelze in Peru verklagt ein kleines Dorf gerade den Großkonzern RWE - wegen der Gefahren durch Schmelzwasser, erzählte der Referent.
Darüber hinaus konnte der Vortrag viele Argumente gegen die Leugner des Klimawandels anführen. Gemeinsam betrachtete man z. B. die Entwicklung tropischer Wirbelstürme (Hurrikans): Noch nie gab es so viele auf der Erde wie in diesem Jahr. Die Zunahme des extremen Wetterereignisse, erklärte Herr Voigt, ist auf die schwindenden Temperaturgegensätze zwischen dem Nordpol und dem Äquator zurückzuführen, wodurch sich der Jetstream verlangsamt. Dies führt dazu, dass Hoch- und Tiefdruckgebiete langsamer ziehen und es zu längeren Trocken- und Regenperioden kommen kann.
Im Anschluss an die Präsentation diskutierten die Oberstufenschülerinnen und -schüler dann über aktuelle politische Fragestellungen, die sich aus der Dringlichkeit der Bilder ergaben: Ob und wie kann in Deutschland die Energiewende gelingen? Reichen die Ziele des Pariser Klimaabkommens aus, um das Klima zu retten und sind diese überhaupt realistisch? Auch wenn sich hier keine einfachen Antworten finden lassen - letztendlich gelang es dem Referenten dennoch, die Schülerinnen und Schüler trotz der dramatischen Bilder auch zu motivieren anstatt zu resignieren und sich mit der Frage auseinanderzusetzen: Wie kann ich persönlich mein Verhalten ändern, um einen eigenen Beitrag gegen die Klimaerwärmung zu leisten? Als Beispiel wurde hier das Online-Kaufverhalten genannt: Die vielen unnötigen aber kostenlosen Rücksendungen z. B. von Kleidungsartikeln, die nicht gefallen, kann jeder Einzelne reduzieren und so die Verschwendung von Energie und Ressourcen durch sein Kaufverhalten vermeiden.
Mit diesen Tipps und vielen neuen Erkenntnissen hinterließ der Besuch des Referenten von Geoscopia bei den Schülerinnen und Schülern einen bleibenden Eindruck. Lara (MSS 12) war besonders davon beeindruckt, dass man live quasi von oben auf sich herunterschauen konnte. Und eine Mitschülerin bilanzierte: „Man hat eine ganz neue Perspektive auf das Klima und die Veränderungen auf unserem Planeten erhalten – vor allem hat mich überrascht, dass Europa gar nicht die Vorreiterrolle in Sachen erneuerbare Energien einnimmt, wie man es sich eigentlich immer vorgestellt hat. Hier ist noch viel zu tun.“ Dass die junge Generation es aber in der Hand hat, sich für den Planeten einzusetzen und Veränderungen zu bewirken, das konnte Herr Voigt den Schülern am Ende auf ihren Weg mitgeben.
Geoscopia Umweltbildung GbR wurde 2001 von Diplom-Geograph Martin Fliegner und Diplom-Biologe Holger Voigt gegründet. Neben klassischen Umweltbildungsangeboten hat Geoscopia sich auf Grund einer Besonderheit, nämlich der Einbindung von Satellitentechnologie in ihre Angebote, einen festen Platz in der Umweltbildungslandschaft geschaffen. Der besondere Ansatz ist hier die Verknüpfung von Umwelt und Technik über den Einsatz von Satellitenbildern verknüpft mit neuen Medien. So werden Klimaveränderungen für die Schülerinnen und Schüler live sichtbar und dadurch greifbarer. Aufbauend auf den aktuellen Erkenntnissen der Forschung, die kontinuierlich in die Projekte eingearbeitet werden, wird so den Schülern und Schülerinnen ab der fünften Klasse der Weg von globalen Veränderungen zu eigenen Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt.
Dank des großzügigen Sponsorings durch Boehringer Ingelheim in Zusammenarbeit mit der Umwelt- und Energieberatungszentrale der Kreisverwaltung Mainz-Bingen war die Veranstaltung für die Schülerinnen und Schüler kostenfrei.