von K.Diehl-Knieriemen
Wir leben in schwierigen Zeiten und sind von komplexen Krisen betroffen. Dabei steht auch unser politisches Modell der Demokratie schwer unter Druck. Folglich kam der dritte Demokratietag der IGS Gerhard Ertl zur richtigen Zeit und bot den Schülerinnen und Schülern mal wieder vielfältige Angebote sich mit einzelnen Aspekten des Themas zu beschäftigen. Einige der Angebote sind mittlerweile eingespielt und bekannt, aber es gab auch viel Neues zu entdecken. Vor allem in der MSS durften sich die Teilnehmenden mit neuen Schwerpunktthemen auseinandersetzen.
So stritt sich zum Beispiel die MSS 13 unter dem Motto “Brauchen wir die Klimadiktatur?” sehr lebhaft und engagiert, um den richtigen Weg den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Ein Filmausschnitt aus der dystopischen Zukunftsversion “Interstellar” von Christopher Nolan illustrierte den Schülerinnen und Schülern, wie ein Leben mit dem Klimawandel aussehen könnte. In dieser Welt sind alle konzentriert auf die Produktion von Mais, der das letzte Nahrungsmittel ist, dass noch nicht vom Mehltau zerstört wurde. Perspektivisch geht aber auch der zu Ende und folglich liegt die einzige Chance der Menschen darin, einen neuen bewohnbaren Planeten zu finden. Um dieses negative Szenario zu verhindern, wurde den Schülerinnen und Schülern die Klimadiktatur vorgeschlagen. Nach der Einarbeitung ins Thema schlüpften die Schülerinnen und Schüler in die Rolle von Politikern, die in einer lebhaften Podiumsdiskussion die Chancen und Probleme dieser Lösung diskutierten. Anhand der konkreten Fragestellung und dem offensichtlichen Handlungsdruck waren alle bereit sich auf die Diskussion einzulassen und Stellung zu beziehen.
Politisch ging es auch in der zwölften Jahrgangstufe zu. Hier stand, anhand des Films “Je suis Karl”, die Bedrohung unserer Demokratie durch den Rechtsradikalismus im Zentrum. Auch dies ein aktuelles Thema, wie der rege Zuspruch, den die AFD bei Wahlen erhält, beweist. Dass die Sehnsucht nach einer autoritären Lösung von Problemen ein gefährlicher Reflex ist, wurde den Teilnehmern sehr deutlich.
Die MSS 11 teilte sich auf. Da der Landtag in Mainz nur Platz für 35 Besucher hatte, besuchten der Geschichtsleistungskurs und Teile des Erdkundeleistungskurses mit Herrn Keitel und Herrn Hoenes die Germania in Rüdesheim. Sie illustriert die nationalistische Geschichtskultur des deutschen Kaiserreichs, die sich in kämpferischer Abwertung des Nachbarlands Frankreich äußerte. Nach einem anstrengenden Aufstieg (die Gondeln waren leider in der Winterpause) konnten sich die Teilnehmenden leibhaftig von der beeindruckenden Größe des Bauwerks überzeugen und es dank kenntnisreicher Referate durch Schüler des Geschichtsleistungskurses in den historischen Kontext einordnen. Ob es einen solchen Nationalismus heute noch braucht und wie folglich mit dem Denkmal umgegangen werden sollte, wurde angeregt diskutiert.
Diskutiert wurde auch in Klassenstufe 10, in der die Schülerinnen und Schüler das Planspiel Welt macht Hunger spielten. In Konkurrenzspielen traten alle Schüler gegeneinander an, um möglichst viel Geld zu erarbeiten. Schnell stellte sich heraus, dass dies für einige wenige Schülerinnen und Schüler, die durch Zufall in Industrieländern geboren waren (bzw. diese Rolle zufällig erhalten hatten), sehr viel leichter war als für die Teilnehmenden, die eine Rolle aus den Entwicklungsländern gezogen hatten. Tief frustriert erlebten die Kids, dass John Smith aus den USA, egal bei welchem Spiel deutlich bessere Chancen hatte und auch noch in den Zwischenrunden das meiste Geld erhielt. Wie ungerecht es auf der Welt zugeht, wurde allen Teilnehmenden deutlich. Mit einer Reihe von Kooperationsspielen probierten die Teilnehmenden im Anschluss aus, wie ist, die Probleme gemeinsam zu lösen. Dass auch dies nicht einfach ist, war allen nach einer gemeinsam bewältigten Überquerung des fiktiven Lavaflusses auf dem Schulhof deutlich. Allerdings auch, dass sich die Anstrengungen lohnen, weil eben alle zufriedener sind und eine faire Chance hatten.
Dank einer kräftigen finanziellen Unterstützung des Fördervereins, konnten die Neuntklässer in zwei Gruppen das Haus der Demokratie in Mainz besuchen und sich mit der Judenverfolgung zur Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzten. Auch das leider wieder ein brennend aktuelles Thema. Ebenfalls gesponsort vom Förderverein wurden die Workshops des entwicklungspolitischen Netzwerks ELAN, die in Klassenstufe Sieben durchgeführt wurden. Anhand der Themen Ernährung, Handy und Wasser erlebten die Teilnehmenden hautnah, dass ihr Konsum mit den Problemen in anderen Weltregionen zusammenhängt. Auch wenn viele Schülerinnen und Schüler bei der Auswahl der Workshops zunächst zögerlich waren, so fanden sie den Tag im Nachgang doch überwiegend aufschlussreich und spannend. Weitere Unterstützung von externer Seite erhielten die Klassenstufe 5 und 8. Während in den neuen fünften Klassen, der Internationale Bund spielerisch die Frage nach Gerechtigkeit und Partizipation auslotete, hatten die Achtklässer digitalen Besuch von den LieDetectives. Hinter diesem sprechenden Namen verbergen sich Journalisten, die die Schülerinnen und Schüler über das Thema Fake News informierten.
Last but not least ist noch die Klassenstufe 6 zu erwähnen, die unter Anleitung ihrer Tutoren ein Dorf gründete, die dortigen Häuser verteilte, einen Bürgermeister wählte und über den Modus der gemeinsamen Entscheidungsfindung stritt. Das Planspiel, das Herr Theobald extra für unseren Demokratietag konzipiert hat, erwies sich mal wieder als anregender und spannender Beitrag zur Demokratiebildung.
Am Ende dieses spannenden und für Organisatoren und durchführende Lehrkräfte auch anstrengenden Tages waren sich alle einig, dass es sich gelohnt hat und wichtig ist, beim Thema Demokratie dran zu bleiben.